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How to design educational attractions

Karen Klessinger

Karen Klessinger, Kreativdirektorin und Mitglied des Management Boards dan pearlman Markenarchitektur GmbH, über Experience Design

„LEARN & PLAY“ MEINT WISSENSVERMITTLUNG MIT SPIELERISCHEM ANSATZ: WIE GESTALTET MAN EDUKATIVE AUSSTELLUNGSFORMATE?

Ich persönlich bin eine große Verfechterin davon, „Playfulness“ zurück in all unsere öffentlichen Räume und damit auch in Ausstellungen als erweiterte öffentliche Räume zu bringen. Mein Credo: Play & Learn, statt Learn & Play! Durch das Spielen lernt der vielzitierte Homo Ludens die Welt erst kennen und verstehen. So kann beispielsweise der Besucher einer Ausstellung oftmals erst durch spielerische Interaktion in dem angebotenen Wissen einen eigenen Sinn finden, der durch einen Perspektivwechsel hin zum Spielerischen erzeugt wird.

Ich bin der festen Überzeugung, dass der Lerneffekt dann am größten ist, wenn er über ein gemeinschaftliches Erleben mit sozialer Interaktion ermöglicht wird. Die Ergebnisse sind für die Besucher nicht nur weniger vorhersehbar, denn es gibt kein Richtig und kein Falsch, sie erleben vor allem eine Selbstwirksamkeit, die sie in die Lage versetzt, Gelerntes in Handeln zu übertragen. Wir sollten uns von der angestrengten Wissensvermittlung verabschieden und vielmehr um das Erwecken von Neugier und Begeisterung kümmern. Es ist ein Fakt: Wissen wächst nicht durch Downloading, sondern durch das eigene Erfahren und Erleben. Viel zu lange wurden in Ausstellungen oder Science Centern interaktive Exponate wie Spielautomaten, Station nach Station aufgereiht. Das ist meines Erachtens eine vordergründige Interaktivität, die niemanden wirklich aktiviert hat.

DIGITALE EXPONATE UND MEDIENTECHNIK: IST WENIGER MEHR UND WIE BLEIBEN DIGITALE EXPONATE UP-TO-DATE?

Ich beobachte zwei diametrale Entwicklungen im Bereich interaktiver Exponate. Zum einen findet ein mediales Aufrüsten statt. Dadurch entstehen weltweit teils beeindruckende Installationen. Einige dieser Exponate sind sicher Meisterwerke der Ingenieurskunst, andere Exponate sind einfach bewegend durch ihren Content oder Kontext. Immer mehr dieser Exponate sind nicht mehr als permanente, sondern als temporäre Installationen konzipiert und können flexibel auf Veränderungen reagieren.

AUF DER ANDEREN SEITE SEHEN WIR DIE ABSOLUTEN LOW-TECH EXPONATE, RÄUME UND INSTALLATION IM EWIGEN BETA-STADIUM. HIER ZÄHLT DAS EXPERIMENT. DAS KANN MINDESTENS GENAUS SO BEEINDRUCKEND SEIN.

Ich denke, es braucht entweder sehr robuste Systeme für Dauerlösungen und daneben den bewussten Einsatz von fragileren Systemen, die dann aber auch nicht unbedingt eine Lebensdauer von 10 oder 15 Jahren haben müssen. Die Branche der Museen, Science Center etc. kann da noch viel von der klassischen Freizeitwirtschaft lernen, die hochkomplexe „Rides“ und Themenwelten kreiert. Hier entstehen oftmals Innovationen, die skalierbar und erprobt auch für den edukativen Bereich einsetzbar sind. Durch KI (Künstliche Intelligenz) verändert sich die Kreation von Exponaten ohnehin noch einmal komplett. Es wird mehr um lernende Systeme gehen, eventuell auch um sich selbst wartende…? Außerdem erwarte ich eine Einbeziehung und Übertragung an die individuellen Devices der Besucher. Einige Exponate werden sich dadurch auch „dematerialisieren“ und es steht wieder der Erlebnisraum im Vordergrund. Wir forschen bei dan pearlman aktiv daran, die Grenzen zwischen den virtuellen Erlebnissen und der physischen Welt aufzubrechen.

DIGITAL VS. REAL: WERDEN EDUKATIVE AUSSTELLUNGSRÄUME IN ZEITEN DER DIGITALISIERUNG VERSCHWINDEN?

Ich denke, die Daseinsberechtigung edukativer Erlebniswelten ist extrem hoch, denn diese Einrichtungen haben originär in ihrer DNA, wonach Menschen heute verstärkt suchen: Sinn und Teilhabe. Dazu müssen wir uns vor Augen führen, dass die Digitalisierung unsere physischen Erlebnisräume nicht obsolet werden lässt, sondern ganz im Gegenteil – nur in der realen Welt entstehen echte Begegnungen und Erlebnisse, die für den Menschen einen besonderen Wert haben, weil sie nachhaltige Erinnerungen schaffen. Denn: Die Währung der Zukunft ist Zeit, nicht etwa Geld. Menschen wählen sorgfältig und nach dem Lustprinzip, wo sie „ein Stück Lebenszeit“ verbringen

wollen. Egal ob wissenschaftlich geprägte Besucherattraktion oder Wissenschaftsparks, alle Freizeiteinrichtungen müssen einen extrem hohen Freizeitwert bieten und zugleich ihre Angst abschütteln, dadurch nicht mehr ernstgenommen zu werden.

KLASSISCHE AUSSTELLUNGEN VS. FREIZEIT- BZW. UNTERHALTUNGSBRANCHE: WIE KÖNNEN KLASSISCHE FORMATE VON DER FREIZEITBRANCHE LERNEN?

Die Freizeitbranche sollte ihre Produkte skalierbarer denken, denn der Bedarf in anderen Branchen Elemente aus der Freizeitindustrie zu integrieren, ist groß. Klassische Ausstellungsformate können von Freizeitwelten lernen, wie man ein stringentes Narrativ aufbaut, ohne den Raum komplett thematisieren zu müssen. Freizeitwelten hingegen dürfen vermehrt von klassischen Formaten etwas über Haltung und die Botschaften hinter den Geschichten lernen. Wenn sich Science & Education sowie Attraction Design & Immersive Art mischen, werden Superkräfte und ungeschöpfte Potentiale frei.

BEST PRACTICE-BEISPIELE AUS DEM BEREICH „EXPERIENCE DESIGN“: WAS SIND DEINE FAVORITEN IN EUROPA UND WELTWEIT?

Das Digital Art Museum, im Mori Building Tokyo: Es ist ein Sinnbild unserer Zeit und überträgt digitale Kunst in physische Erlebnisse. Hier steht das Eintauchen und Entdecken im Vordergrund. „A museum without a map“ auf 10.000qm. Es zählt mehr das Gesamterlebnis als das einzelne Exponat.

Stapferhaus Lenzburg, Schweiz: Ein kleineres Ausstellungshaus das aus der Idee des Dialogs entstanden ist und in dem die großen Fragen der Gegenwart im Mittelpunkt stehen. Hier geht es unter so plakativen Ausstellungstiteln wie „Fake, die ganze Wahrheit“ oder Heimat, eine Grenzerfahrung“ um spielerische Erkenntnis.

Chester Zoo, UK – größtes Zoo Projekt in UK: Mit 1,9 Mio Besuchern jährlich ist es eines unserer vielen eigenen Zoo-Projekte. Hier kommt wissenschaftliche Arbeit und Freizeitwelt in einer perfekten Mischung zusammen. Nach dem Prinzip „You only protect what you love“ steht hier neben der Szenografie verschiedener Lebensräume als „Islands“ der konservatorische Gedanke im Vordergrund. Die Besucher wissen, dass sie mit den Eintrittsgeldern und auch mit Spenden aktiv für den Artenschutz werden. Hier steht neben dem Erlebnis auch der Charity Aspekt im Vordergrund.

The Shed, Teil der Hudson Yards Entwicklung in New York: Ein multifunktionales Haus, bzw. mehr eine Maschine als ein Haus, mit verfahrbarer Fassade auf Schienen. Der verwandelbare Raum ist hier mal ernst gemeint und ein Erlebnis an sich. Ein Ort für wirklich alle Disziplinen der Kunst, ohne Unterschied zwischen Hochkultur und Subkultur. So schön leer, und doch so voll!

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