Was passiert, wenn man Kindern die Möglichkeit gibt, eine Stadt der Zukunft nach ihren Wünschen selbst zu kreieren? Welche Vorstellungen haben sie überhaupt? Und was wollen sie Stadtmachern in Entscheidungspositionen als Botschaft für eine gesunde und nachhaltige Welt mitgeben?
Initiiert von der dan pearlman Group gibt die Projektreihe CREATE CHANGE seit fast zehn Jahren Kindern eine Stimme und vermittelt ihre Wünsche an die Entscheider in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
„Die Heilende Stadt“ – so lautete das Motto des neuesten Design Thinking Workshops, der die Perspektive der Kinder auf unsere Städte in den Fokus rückt. Eine Gruppe von sechs Kindern im Alter von 9 bis 13 Jahren aus Berlin meisterte interaktiv und spielerisch verschiedene Aufgaben, die ihre Vorstellungen für eine innovative Stadtplanung formten. Dabei war es wichtig, den Kindern bei allen Aufgaben ein Diskussionsforum auf Augenhöhe zu ermöglichen. Der Workshop ermutigte, als Team zusammenzuarbeiten und der Kreativität freien Lauf zu lassen. Die Ergebnisse des CREATE CHANGE Projekts „Die Heilende Stadt“ wurden im Rahmen der internationalen Konferenz FrontiersNEXT „The Future of Wellbeing“ einem ausgewählten Expertengremium vorgestellt.
Anstatt ins Klassenzimmer geht es für die sechs Kinder des CREATE CHANGE Workshops im April 2021 in eine Zeitmaschine. Ziel der Reise: Die Stadt der Zukunft. Dabei handelt es sich nicht um irgendeine Stadt, sondern um eine von den Kindern selbst gestaltete Wohlfühlstadt. Der Workshop steht unter dem Motto „Die Heilende Stadt“ und beleuchtet, was Städte brauchen, um ein gesunder Lebensraum für die nachwachsenden Generationen zu sein. In Anbetracht der weltweiten Pandemie, aber auch mit Blick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels ist die Frage nach einer heilsamen, urbanen Umwelt so aktuell wie nie. Für die Erwachsenen von Morgen wird die Lebensqualität in Städten zunehmend zur Überlebensfrage. Grund genug, Kinder heute schon zu fragen, welche
Ideen und Visionen sie für einen heilsamen Lebensraum haben.
Los geht es mit der ersten kreativen Workshop-Übung: Was macht eine Stadt eigentlich gesund? Und welche Aspekte tragen stattdessen zu einer ungesunden Stadt bei? Die Kinder wählen zwischen anschaulichen Bildern und definierenden Worten und erstellen so eine Collage zweier ganz unterschiedlicher Stadtprofile. Schnell wird klar, eine ungesunde Stadt hat viel Verkehr und Abgase, kaum Grün und wenig Freiraum. Die gesunde Stadt hingegen bietet viel Platz für Sport und Spiel, hat einen starken Bezug zur Natur und zu Tieren und feiert das tägliche Leben mit Kunst und Kultur, gutem und nachhaltigem Essen sowie Musik und Lebensfreude.
Doch wie sieht der Ist-Status in unseren Städten aus? Was würden die Kinder liebend gerne aus unseren Städten verbannen? Die zweite Übung fordert dazu auf, genau diese Fragen für sich selbst zu beantworten. Die Ergebnisse sind eindeutig. Es gibt zu viel Müll in der Stadt und auch die Luft ist durch die vielen Autos oft unangenehm zum Atmen. Doch nicht nur die Luft leidet unter den Autos, sondern auch das Gefühl von Sicherheit. Alle Kinder stimmen zu, dass sie durch den Verkehr beim Fahrradfahren oder während des Spielens oft eingeschüchtert sind. Im Gegensatz dazu mögen die Kinder an ihrer Stadt vor allem grüne, autofreie Orte, die viel Platz zum Toben bieten. Aber auch Tiere sind den Kindern wichtig. Hunde, Vögel, Hühner – je mehr, desto besser! Besonders Haustiere sind wie echte Freunde, mit ihnen rumzutoben baut Stress ab und hilft beim Wohlfühlen. Auch dafür wünschen sie sich mehr öffentlichen Freiraum.
Im Anschluss entsteht ein erster Entwurf der Heilenden Stadt auf einem Whiteboard. Raus aus den Köpfen und rauf aufs Papier lautete die Aufgabe. Die Kinder, ausgestattet mit bunten Stiften und vielen Impulsen aus den ersten zwei Übungen, tummeln sich vor dem Whiteboard und streiten über die besten Wohlfühlinnovationen. „Traum-Stadt – Male die Stadt deiner Träume“ war die Vorgabe und sofort sprudelten die Kids nur so von Ideen. In kurzer Zeit entsteht ein futuristisches Bild einer gesunden Stadt. Wälder auf den Dächern der Häuser, Einhörner und Hunde, die auf den Wiesen zwischen Wasserläufen spielen, eine Seilbahn, die die Wohlfühlorte der Stadt verbindet und ein Riesenrad, das über einem lebendigen Marktplatz thront. Am klaren Himmel zeichnet sich ein Regenbogen ab und die Sonne scheint auf Gärten, in denen frisches Gemüse sprießt. Auf den Straßen sind Menschen auf Rollerskates und Fahrrädern zu finden. Als die Kinder ihre gemalte Stadt vorstellen, lässt sich erahnen, das es nicht so sehr um Einhörner und Regenbögen geht, sondern um Freiraum für Kreativität und Sicherheit, um sich auszuprobieren. Eine Stadt ist dann eine gesunde Stadt, wenn die Bedürfnisse ihrer Bewohner im Mittelpunkt stehen und sie trotz aller Urbanität die Natur und alles Natürliche in den Fokus rückt.
Was ist die Botschaft der Kids an die Experten? In der vierten Session beschreiben die Kids konkrete Maßnahmen, die an Entscheider aus Politik und Wirtschaft herangetragen werden sollen. Schnell wird festgestellt: Es müssen mehr Orte nur für Kinder entstehen! So zum Beispiel träumt die Gruppe von einem Kindercampus, auf dem eine Gaming Area zum gemeinsamen Spielen einlädt und eine E-Bibliothek, in der Videospiele und VR-Brillen für Kinder ausgeliehen werden können. Für Draußen fordern die Kinder mehr Sportplätze, Skater- und Freizeitparks sowie Schwimmbäder und Wellnessoasen. Wie wäre es eigentlich mit Geschäften, die nur für Kids da sind – auch das war eine von vielen Ideen, die die Selbstwirksamkeit der Kinder als Teil unserer Gesellschaft aus der Kinderperspektive beschreibt. Rückzugsorte in Form von Raumschiffen und Häuser in Regenbogenfarben dürfen für die ultimative Wohlfühlatmosphäre auch nicht fehlen. Was den Kindern bei allen Maßnahmen besonders am Herzen liegt, ist die Gesundheit der Umwelt: weniger Autos, weniger Müll und weniger tierische Produkte, aber dafür viel saubere Luft, Parks und Gewässer. Gerne wollen die Kinder auch selbst Hand anlegen, z.B. beim Urban Gardening, und gleichzeitig erfahren, wo ihr Essen herkommt und wie es produziert wird.
In einer gesunden Stadt braucht es selbstverständlich auch Orte, die für einen da sind, wenn man mal krank wird. Klar müssen in der Heilenden Stadt auch Krankenhäuser zu finden sein. Die Kinder müssen gar nicht lange überlegen, bis ihnen die passenden Forderungen an die Experten einfallen, damit auch diese Orte wahrhaftig heilende Orte werden. Vor allem anderen muss das Krankenhaus zum Gesundheitshaus werden. Ein neues Selbstverständnis muss her. Durch einen neuen Namen, mit bunten Farben, einer gemütlichen Einrichtung und liebevollem Personal wird am Ort für die Gesundung echte Wohlfühlatmosphäre kreiert.
Eine schnelle und moderne Hilfe wird erwartet, wenn die Kinder begeistert von Ärzten erzählen, die auf E-Scootern zu ihren Patienten kommen und von neuen Technologien, die Wartezeit oder den Warteraum zu einem Fremdwort machen. Lachend stellen die Kinder fest, dass sie einen Besuch in so einem „Krankenhaus“ auf einmal gar nicht mehr so schlimm finden würden.
Jetzt aber ran an die Baumaterialien! Die finale Workshop Aufgabe soll schließlich die Heilende Stadt zum Leben erwecken. Der Kreativität der Kinder sind keine Grenzen gesetzt. Die Gruppe lässt sich nicht zweimal bitten und stürzt sich auf den großen Tisch mit allerlei Baumaterial. Styropor wird zu Gebäuden, Pfeifenreiniger lässt ganze Wälder entstehen und Sprühfarbe wird überall dort eingesetzt, wo noch nichts Buntes zu entdecken ist. Nach intensiver Bauzeit sind die Nachwuchs-Stadtplaner und -Stadtmacherinnen dann so weit, ihre Heilende Stadt der Zukunft vorzustellen. Sofort fällt auf, dass selbst das zentrale Gesundheitshaus keiner klassischen Vorstellung entspricht. Anstatt steriler Atmosphäre und grellen Licht, wünschen sich die Kinder ein Krankenhaus mit Wohnzimmergefühl. Damit erlebbar wird eine viel positivere Ausstrahlung, denn schließlich werden Menschen dort gesund und das ist doch ein Grund zur Freude! Orte zum Wohlfühlen gibt es viele in der Stadt der Zukunft. Sie vermitteln Geborgenheit, Schutz und Sicherheit. In ihrer direkten Nachbarschaft lassen die Kinder für draußen Biotope entstehen. Es gibt teilweise überdachten Parks, in dem jegliche Pflanzen, Blumen und Bäume zu finden sind. Durch die Dachkonstruktion entsteht ganzjährig ein angenehmes Klima und auch viele Tiere und Insekten finden dadurch ein sicheres Zuhause. In unmittelbarer Nähe zum Park gibt es viele Freizeitaktivitäten für Groß und vor allem Klein. Restaurants, Bars und Läden besitze fast alle einen eigenen Garten und sind umsäumt von Grün. Auch die Seilbahn, die die Kinder bereits in ihrem Bild dargestellt haben, ist in der Heilenden Stadt zu finden. Sie verbindet alle wichtigen Orte und verbannt gleichzeitig die Autos aus der Innenstadt. Für die Kinder ist die Stadt der Zukunft vor allem Bunt und Grün, mit viel Freiraum für Spaß, Bewegung und Spiel. Spannende Erlebnisse machen die Stadt zum Abenteuer. Sie bietet Raum, um Abenteuer zu erleben und Neues auszuprobieren.
Wir, die erwachsenen Entscheider von heute, müssen unser Bestes geben, diese Vision der nachwachsenden Generationen tatkräftig zu unterstützen und die Heilende Stadt in Zukunft wahr werden zu lassen. dan pearlman sagt Danke an alle Kinder, die mit so viel Enthusiasmus und Energie an ihrer Wohlfühlstadt gebaut haben.